* 7. Juli 1911
† 1. Februar 2007
von Tim Steinke
Essay
Kompositorische Strategien, musikalische Formen, Inhalt und Dramaturgie einer Szene bedingen sich in Menottis Opern wechselseitig. Dies lässt sich bereits in Amelia goes to the ball (1937) verifizieren. Amelias psychopathologisches Verhalten, das sich darin äußert, dass sie unbeeindruckt von allen Geschehnissen zum Tanzen auf einen Ball gehen will, stellt Menotti bereits im ersten Duett der Oper heraus. Dieses Duett zwischen Amelia und ihrer Freundin ist in Strophen gegliedert, die, von geringen Modifikationen abgesehen, identisch sind. Amelias ständige Wiederholung der Worte: „Wie schön ist's, wie schön, sich anzukleiden, um prächtig auf dem Ball zu erscheinen“, die stets exakt auf der gleichen Melodie gesungen werden, entlarven ihr manisches Verhalten. Auf harmonischer Ebene unterstreicht Menotti Amelias Zwanghaftigkeit, indem er von dem anfänglich stabilen F-Dur über den gemeinsamen Ton f zu Des-Dur wechselt, um dann auf einem Dominantseptnonakkord mit Quartvorhalt über C zu landen. Wenn Amelia die Worte wiederholt und sich somit mehr und mehr in ihr Vorhaben, auf den Ball zu gehen, hineinsteigert, schwankt mit dem Erreichen dieses Dominantseptnonakkords schließlich der ehemals stabile tonale Boden. Spätestens an dieser Stelle wird ihr pathologisches Benehmen sinnfällig. Zudem zeigt Menotti, indem er dem Des...